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Lost Places #7 Pozellanwerk Freiberg

Seit 110 Jahren wird in Freiberg Porzellan hergestellt. Anlässlich dieses Jubiläums gibt es im Stadt- und Bergbaumuseum vom 2.7. – 30.10.2016 die Ausstellung ‚Weiße Diamanten‘. Bevor wir aber in diese Ausstellung gehen, schauen wir mal, wie es angefangen hat mit der Freiberger Porzellanherstellung.

Freiberg war, was viele vielleicht gar nicht wissen, an der Erfindung des europäischen Hartporzellans beteiligt.
‚Gottfried Pabst von Ohain, der Freiberger Oberzehntner und beste Hüttenfachmann Sachsens, beaufsichtigte im Auftrag von König August II. seit 1701 die Goldherstellungsversuche von Johann Friedrich Böttger.

‚Nachdem Pabst von Ohain die Unmöglichkeit eines Erfolges beschrieben hatte, wurden die Versuche unter Leitung von Ehrenfried Walther von Tschirnhaus und Abraham von Schönberg auf die Herstellung europäischen Porzellans aufgenommen. 
In Dresden entstand ein alchimistisches Laboratorium in dem unter Regie Pabst von Ohains Freiberger Hüttenleute gemeinsam mit Böttger Versuche zur Porzellanherstellung unternahmen, bei deren Weiterführung auf der Albrechtsburg 1706 zunächst das rote Böttgersteinzeug entstand. Nachdem Ohain die Verwendung von Weißer Erde vom Heidelsberg bei Aue und Alabaster angeregt hatte und Tschirnhaus 1708 die Herstellung des ersten europäischen Porzellans gelungen war, wurde das Verfahren zur Herstellung des Meißner Porzellans durch Böttger verbessert und 1710 die Porzellanmanufaktur Meißen zur Aufnahme der Serienfertigung eingerichtet.“ Quelle Wikipedia


Nicht verwunderlich also, dass in Freiberg nach Rückgang des Bergbaus im Jahre 1906 das erste Mal eigenes Porzellan hergestellt wurde, ursprünglich als Zweigstelle der Porzellanfabrik Kahla.
Es wurden Hochspannungsisolatoren, aber auch Haushaltsporzellan gefertigt. Im Zuge der Weltwirtschaftskrise wurde das Unternehmen 1932 stillgelegt. Dieses erste Werk an der Frauensteiner Straße wurde vor einigen Jahren zu einem großen Teil abgerissen. 
In einem Teil befindet sich heute das Landratsamt.
Nach dem 2.WK begann 1945 erneut die Fertigung von Freiberger Porzellan im Gebäude der ehemaligen Hildebrandschen Fabrik am Davidschacht, Himmelfahrtsgasse 8 und 1946 wurde die Freiberger Porzellan GmbH gegründet.
Und dieses Gebäude ist heute ein Lost Place. 

Diesmal handelt es sich um ein riesiges Gebäude über mehrere Etagen. Da es den Rahmen sprengen würde, heute nur mal ein kurzer Ausflug nach innen…
Durch die kaputten Fenster flogen Vögel aus und ein…vielleicht entdeckt ihr das Rotschwänzchen?
Riesige Werkhallen im ganzen Gebäude….
Überall kaputtes Porzellan am Boden….

Unheimliche Treppenaufgänge
Türen….
Küche und Sanitäranlagen…
Aber auch tolle Ausblicke

Graffiti gibts natürlich auch…

Ganz exklusiv ging es unter dem Dach zu…
1960-62 wurde eine neue Produktionshalle von 108 m Länge angebaut.
Das Freiberger Porzellan erhielt mehrfach Messegold in Leipzig.
1969 wurde das Kombinat ‚vereinigte Porzellanwerke Colditz‘ gegründet, mit Freiberg als Bestandteil   des Zusammenschlusses.

Auch nach 1990 wurde noch weiter produziert. Der Betrieb lief durch mehrere Besitzer…
Kaum zu glauben, dass so ein Gebäude nun einfach so verlassen in der Gegend herumsteht.

******

Seit 2000 produziert die Firma Freiberger Porzellan am neuen Standort an der Zuger Straße und hat längst nicht mehr die Größe von früher.

Geschichtswissen aus dem Buch
Freiberg und Umgebung
Die Geschichte von Menschen und Unternehmen der Berg- und Universitätsstadt
ISBN 3-9805699-0-X 
Altmühltal-Verlag

Als nächstes folgt ein Besuch der Ausstellung ‚Weiße Diamanten‚. 
Hier unten könnt ihr eure Lost Places verlinken.

25 Comments

  • jahreszeitenbriefe

    Wow, ich staune immer, dass du dich da so reintraust… Nicht dass ich Angst vor "Erwischen" hätte, eher vor einstürzenden Decken… Und das Rotschwänzchen hat dort garantiert in irgendeiner Nische sein Nest gehabt. (Als wir vor über dreißig Jahren bauten, hatten sie ein Nest im noch offenen Kellergeschoss in den Mauernischen zur Befestigung für die Türrahmen…). Ich habe noch Bilder von einem "lost garden" im Speicher, hab es aber leider nicht pünktlich geschafft, kommen aber noch… Lieben Gruß Ghislana

  • Petra Klein

    Fasziniert habe ichheute deine Bilder angeschaut. Ich finde es immer unsagbar schade, dass man solche Gebäude einfachverfallen lässt. In meinem geistigen Auge stell´ich mirdann immer vor, wie toll man diese Räumlichkeiten herrichten könnte…..
    ich bin schon auf deinen nächsten Lost Place gespannt!
    Liebe Grüße, Petra

  • Claudia

    Liebe Sigrun,
    danke für die ausführlichen Bilder und INformationen zu einem weiterne Lost Place. Es tut in der seele weh, wenn man sieht, daß so große und schöne gebüude einfach dem verfall überlassen werden …ich konnte mir beim Betrachten auch gut vorstellen, wie die Hallen noch mit Leben und Arbeit gefüllt waren ….
    Hab einen wundervollen Tag!
    ♥ Allerliebste Grüße , Claudia ♥

  • Ursula Szymik

    Liebe Sigrun,
    das ist ja ein super interessanter Post mit tollen Bildern. Fasziniert habe ich gelesen. Ich glaube, ich hätte mich da gar nicht hinein getraut. Du warst ja super mutig bei der Suche nach Spuren der Vergangenheit ;-))). Kaum vorzustellen, dass da alles so liegen und stehen gelassen wurde. Selbst die Scherben.
    Viele liebe Grüße
    Ursula

  • KostbarkeitsmomenteTierfotografie

    Liebe Sigrun,
    eigentlich ist es schön erschütternd, wie viel wirklich tolle leerstehende Häuser es gibt,
    die so verlassen zurück bleiben…
    Ich liebe sie sehr und doch tun sie mir auch unendlich leid…., dass sie keiner mehr achtet außer den Fotografien und wertschätzt….
    Danke für dein Zeigen und Teilen,
    eine spannende Reise….
    herzlichst Monika*

  • Himmel Blau

    Und da bist du überall allein herumgestiefelt…? Komisch, irgendwie kann ich mich nicht daran erinnern, dass meine Großeltern Geschirr aus Freiberger Produktion nutzten…Vielleicht war es im Handel gar nicht erhältlich, sondern wurde gegen Devisen verkauft…;-). Interessanter Bericht! LG Lotta.

  • mano

    immerhin finden sich dort jetzt vögel und insekten ein, bestimmt gibt es dort auch fledermäuse. bedauerlich ist es natürlich trotzdem, dass dort nicht mehr produziert wird. es gibt viel zu viele dieser alten traditionellen fabriken. schade drum!! gut aber, dass es noch einen kleinen "ableger" des porzellans in freiberg gibt.
    besonders faszinierend finde ich ja die großen hallen mit den tollen fenstern. sehr beeindruckend!!
    liebe grüße, mano

  • vonleidenberg

    Damals hat man sich selbst mit Fabrikbauten noch Mühe gegeben. Wunderschönes Objekt. Schade, dass sich kein Investor mit neuen Nutzungsideen hierfür findet. Und "zum Erbrechen" finde ich die Randalierer, die einem leerstehenden Haus noch zusätzlich Schaden zufügen… Idioten, allesamt!
    Aber traumhaft schön verrottete Bilder geben solche Bauwerke ab…
    Liebe Grüße von mir!
    Solveig

  • gretel

    Das geht ja heute richtig abenteuerlich zu bei dir. Aber großartige Fotos sind dabei entstanden.
    So ein Gebäudekomplex – und eigentlich von der Substanz her noch gut erhalten. In Großstädten würde man sicherlich dafür besondere Wohnformen finden, z.B. wohnen im Loft oder Mehrgenerationenprojekte kann ich mir auch gut vorstellen. Vielleicht auch ein großes Kulturzentrum mit Restaurants dazu. Aber in den Kleinstädten fehlen die Menschen, die Industrie, das Geld und es gibt hier noch zu viele dieser Gebäude. Immer wieder schade.
    Liebe Grüße

  • sigrunhannemann_bnt42bvc

    Ihr Lieben…vielen Dank für eure Kommentare. Ich war nicht alleine und ich hatte trotzdem totale Angst…genau das, was ihr hier alles aufgeführt habt. Dass etwas von der Decke runterkracht, dass die Treppe doch nicht mehr hält oder dass ich in irgendeinem Loch verschwinde….. Je höher ich gegangen bin, um so schlimmer wurde es. Ich war heilfroh, als ich wieder draußen stand…:-)) LG Sigrun

  • Karen Heyer

    Wow Sigrun, schon fast ein Abenteuer, dort bis unters Dach fotografieren zu gehen! Aber es hat sich gelohnt, faszinierende Eindrücke hast Du uns mitgebracht.
    Viele Grüße von
    Karen

  • Margeraniums Gartenblog

    Diese alten Gebäude haben etwas Faszinierendes und gleichzeitig finde ich sie ein wenig unheimlich! Dass da noch überall Porzellan herumliegt ist eigentlich unvorstellbar!
    Viele Grüße von Margit

  • Birgitt

    …oh wie spannend, liebe Sigrun,
    sich in dieser verlassenen Fabrik umzuschauen…und so viele tolle Fotomotive, da wäre ich gerne dabei gewesen…Geschirr mit Kahlau-Stempel habe ich noch, aber vom Freiberger nicht…und dann dieser Ausblick, ein wunder, dass Keiner auf die Idee kommt, da Wohnungen rein zu bauen…oder das Geld fehlt halt,

    liebe Grüße
    Birgitt

  • beate grigutsch

    ich hab den laden mal zu DDR-zeiten besichtigt – irgendwie von der schule organisiert – ging wohl um berufswahl….
    wusste gar nicht dass die den standort aufgegeben haben.
    übrigens: wer lesen kann is klar im vorteil – "jedes jahr im juni……ER IST WEISS!" :-)))
    schönen grüss! xxxxx

  • Edith Wenning

    Schade, liebe Sigrun, ich liebe schönes Porzellan und hatte bis zum Schluss gehofft, dass Du uns noch ein paar schöne Stücke der ehemaligen Porzellanfabrik zeigen würdest. Aber es ist schon ein toller 'Lost Place'. Was hätte man aus diesen riesigen Hallen nicht machen können… Kaum zu glauben, dass solche Gebäude einfach verfallen.
    Einen schönen Tag und liebe Grüße, Edith

  • Sigrun Hillsidegarden

    Sehr spannend – ich liebe Porzellanfabriken. Es wundert mich allerdings, dass man hineindarf, wegen der Unfallgefahr!

    Sigrun

  • Sara Mary Waldgarten

    Das mit der Erfindung war mir jetzt auch nicht bekannt, liebe Sigrun.
    Ach ja, das Gold – was für eine Geschichte. 🙂

    Hui, da siehts ja aus, da hätte ich mich wohl nicht reingewagt. Aber solange es nicht einsturzgefährdet ist … und ich glaube, bei uns darf man alte Fabrikhallen nicht so ohne weiteres betreten, manchmal besteht sogar Fotografierverbot.
    Weiter unten lese ich ja, daß Du nicht alleine warst … mal gut!

    Eigentlich ein schönes Gebäude mit den bogigen Fenstern – da könnte man vielleicht ein (bzw. mehrere) Loft draus machen. 😉

    Ich muß immer über das Wort Kombinat schmunzeln, ein DDR typischer Begriff, den wir bei uns nicht kannten, genauso wie Plaste statt Plastik.

    So viele Lost Places gibt es bei uns wohl gar nicht mehr, fürchte ich. Ich komme aber an solche Orte auch kaum. Vieles steht auch gar nicht mehr, wie eine alte Jutespinnerei z.B., die mehrmals abbrannte …

    Liebe Grüße
    Sara

  • Elke Schwarzer

    Hallo Sigrun,
    da hast du uns ja auf eine spannende Entdeckungstour mitgenommen!
    Schade um das Porzellan und das alte Gebäude. Wenn es in Bielefeld stünde, wären sicher schon wahnsinnig teure Loftwohnungen daraus gemacht worden.
    VG
    Elke

  • Rumpelkammer

    wow
    da hast du dich aber was getraut..
    aber tolle Fotos hast du mitgebracht..
    manno.. wenn ich mir vorstelle was man da alles draus machen könnte
    ein unheimlich schöner Bua
    und jetzt gammelt er vor sich hin..
    schade dass die Vandalen dann auch nocht drin hausen :/
    liebe Grüße
    Rosi

  • Kirsi Gembus

    Das ist ja eine ganz tolle interessante Besichtigung für uns gewesen, vielen Dank dafür.
    Das wäre ja jetzt noch eine Kulisse für unheimliche Filme :))
    Wie schade das es so vekommen muss und dann auch noch diese Randalierer.
    Und dieser Ausblick von dort – einfach nur herrlich!
    Einen schönen Tag, bei uns in Niedersachsen regnet es heute Bindfäden, viele Grüße
    Kirsi

  • L.

    hey! es ist wirklich ein unglaublich schönes gebäude. ich war auch schon so oft drin, das ich es fast auswendig kenne. schade das ich nicht schon vor dem abriss da war. trotzdem kommt mir die tür, oder besser gesagt der weiße rahmen, unter türen überhaupt nicht bekannt vor. kannst du dich noch daran erinnern wo du das foto ungefähr geschossen hast? zumindest das gebäude und die etage wären hilfreich. ich wäre dir sehr dankbar. übrigens sind deine bilder unglaublich toll und ich verfolge deinen blog sehr gerne!