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Marode Schönheiten #2 – Fassadenrettung in Freiberg

Jutta hat ihr Projekt ‚Marode Schönheiten‘ diesmal einen Tag vorgezogen. Zum Glück war ich schon vor einiger Zeit auf Motivsuche. Obwohl ‚Suche‘ hier nicht unbedingt das richtige Wort ist. Es ist eher so, dass ich mich kaum entscheiden kann, was ich nehmen soll.
Um ein bisschen Ordnung in die Sammlung zu bringen, möchte ich den Beitrag heute unter dem Motto ‚Fassadenrettung‘ zusammenfassen.

Variante 1: Die Fassade steht unter Denkmalschutz und wird jahrelang geschützt, bis sich ein Investor findet, der sich der Sache annimmt. Die Fassade sollte beim Umbau erhalten bleiben.
Das war bis vor zwei Jahren meine Lieblings-Ruine. Nur ein paar Schritte vom Marktplatz entfernt.

Ich bin froh, dass ich Fotos gemacht habe, denn heute steht die Fassade der Korngasse 5 nicht mehr. Man hat sie nicht gerettet. Hier ist letztes Jahr ein Neubau entstanden mit modernen Wohnungen im Obergeschoss und einem Biomarkt als Ladengeschäft.

In der Liste der Kulturdenkmale habe ich folgendes gefunden:

‚Wohnhaus in geschlossener Bebauung; charakteristisches Renaissancegebäude, mit profilierten und architravierten Fenstergewänden sowie reicher Substanz im Innern, baugeschichtlich und stadtentwicklungsgeschichtlich bedeutend‘

Unten links sieht man etwas, was hier häufig verwendet wird…ein minimales Stück deutet auf die alte Fassade. Über dem alten Torbogen (oberes Foto) habe ich die Jahreszahl 1550 entdecken können.

Variante 2: Fassade mir grünem Netz zuhängen (keine Ahnung, warum das Sinn macht) und auf einen Investor hoffen
Petersstraße 19, auch nur ein paar Schritte vom Markt entfernt

‚Fassade, Giebelwände und Keller eines Gebäudes; renaissancebaugeschichtlich bedeutend‘, Wohnhaus 16. Jhdt.

Variante 3: Fassadenrettung in der Weingasse 3

Hier sieht man, wie viel Aufwand es tatsächlich bedeutet, die Fassade zu retten. Das Haus links daneben mit den Dachstübchen ist gerade in neuem Glanz erstrahlt (Weingasse 1).

‚Wohnhaus (18 Jhdt.) in geschlossener Bebauung; markantes Gebäude mit hohem Mansarddach und gotisierendem Fassadenschmuck, insbesondere im Erdgeschoss, baugeschichtlich, künstlerisch und stadtentwicklungsgeschichtlich bedeutend‘
Variante 4: Fassade anmalen
Die Freiberger Universität feiert dieses Jahr 250 Jahre Bergakademie und ist mächtig stolz darauf. Auf ihre Bibliothek kann sie leider nicht stolz sein, denn der Zustand ist sehr marode.
Erschrocken hatte ich schon registriert, dass dort im Winter gefroren wird, weil es überall reinzieht. Dann hat sich der Leipziger Künstler Fischer-Art gefunden, um auf diesen Zustand aufmerksam zu machen. Freiberg kann auch bunt.
Nachdem alle den Schock der Bemalung verkraftet hatten, kam der nächste. Letztes Jahr gab es am 27. Mai Starkregen, bei dem Wasser ins Obergeschoss der Bibliothek eindrang. Offenbar lagerten dort sehr wertvolle, historische Bücher, obwohl der Zustand des Gebäudes bekannt war.
Inzwischen sind die Bücher sehr aufwendig in Leipzig wieder restauriert worden. Mehr dazu hier auf dem Blog der Uni …Buchpate gesucht
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Das soll’s zum Thema Fassadenrettung/ Gebäuderettung erst mal gewesen sein. Das nächste Mal nehme ich euch mit zu einem Ausflug in die Gerbergasse….und wenn ich so weitermache, kenne ich mich bald besser in der Stadt aus, als jeder Freiberger….*grins*
Ich bin froh, dass der Laptop erfunden wurde, sonst hätte ich heute nichts zu Juttas Projekt beitragen können. Mich hat leider schon seit Montag ein Virus lahmgelegt.
Also genieße ich die verschneite Winterlandschaft von der Couch aus.
Noch mehr Marode Schönheiten findet ihr hier bei Jutta K.

29 Comments

  • jahreszeitenbriefe

    Wenn ich dich nicht hätte, würde es bei meinen seltenen Anwesenheiten in der Stadt wohl viel länger dauern, bis ich wenigstens ein wenig vom "maroden schönen" Freiberg kennenlerne… Wohl sehe ich da so einiges, aber mit deinen Augen und deiner Kenntnis sehe ich es noch mal anders. Danke dir dafür! Lieben Gruß Ghislana

  • Neststern

    Du arme Kranke, erst mal gute Besserung und einen herzlichen Dank für Deinen tollen Post. Das ist wirklich sehr spannend. Schade, dass manchmal so lange mit der Sanierung von Gebäuden gewartet wird , bis quasi nichts mehr zu retten ist.
    glg Susanne

  • Kathinka

    Liebe Sigrun,
    das war ein sehr interessanter, spannender Bericht. Schön, daß ihr überhaupt noch alte Substanz habt, hier in Hannover ist nicht viel übrig geblieben…Beim Anblick deines ersten Fotos dachte ich noch, "oh, das Haus wird bestimmt schön aussehen nach der Restaurierung!", dann lese ich weiter, es wurde abgerissen! Ich finde es einfach entsetzlich! Auch wenn eine Wiederherstellung teurer als ein Neubau sein sollte, so scheint mir das historische unbedingt erhaltenswert! Es geht ja auch anders, wie du mit den Fotos von der Weingasse zeigst. Bin gespannt auf deinen nächsten Bericht. (Ich hatte meinen Post für Juttas Projekt auch schon vor einigr Zeit vorbereitet und konnte ihn deshalb gleich einstellen, jetzt muß ich aber auch erst wieder auf die Suche gehen…)
    Liebe Grüße
    kathinka

  • Elke Schwarzer

    Ach, wie schade um die alte Fassade. Da wuchsen sicher auch schon interessante Pflanzen drin, man kann es auf dem Bild erahnen – ein Farn oben links?
    VG
    Elke

    • sigrunhannemann_bnt42bvc

      Ich kann es leider auch nicht mehr so gut erkennen, weil es ein älteres Handy-Foto ist. Aber es scheint Blätter zu haben, ein kleiner Busch. Meistens sind es Birken, die hier irgendwo rauswachsen. LG Sigrun

  • Elderbeary

    Liebe Sigrun,
    gute Besserung. Werde schnell wieder gesund. Ich kann kaum glauben, dass nur noch so ein kleines Stückchen von der alten Fassade übrig geblieben ist. Denkmalschutz habe ich mir immer etwas anders vorgestellt.
    Viele liebe Grüße
    Ursula

  • Flottelotta Blau

    Am ersten maroden Gebäude bin ich als Kind sehr oft entlang gegangen. Damals war auf jeden Fall noch ein Dach drauf…;-). Interessante Einblicke…Freiberg hat es aber auch nicht leicht…die ganze Innenstadt steht quasi unter Denkmalschutz…LG Lotta.

    • Flottelotta Blau

      Was das Gohliser Schlösschen betrifft, so habe ich schon als Kind dort Klavierauftritte gehabt…im Festsaal…also sooo marode war das Schlösschen nicht…;-). LG Lotta.

  • Birgitt

    …es ist schön, liebe Sigrun,
    wenn alte Fassaden erhalten werden können…aber es ist sicher auch nicht immer die günstigste Variante…das grüne Netz hängt bestimmt, damit nichts runter fällt, damit Niemand verletzt wird…

    gute Genesung wünsche ich dir,
    lieber Gruß Birgitt

  • Jutta.K

    Gelobt sei dein Laptop !
    Denn dadurch konnte ich jetzt deinen schönen Beitrag auch bei mir verlinken, hab recht ♥ Dank dafür !
    Tolle Aufnahmen sind dir da gelungen, es ist schon wirklich ein Jammer,dass man erst so lange mit den Renovierungen, bzw, der Rettung alter Gebäude wartet bis sie fast verfallen sind, eigentlich eine Schande.
    Aber es ist wohl auch eine Geldfrage.
    Noch einen schönen Abend

  • Frauke

    das hast du aber sehr schön zusammengetragen , es ist schon ein Jammer wenn so viel Jahre nicht passiert.

    Mein Tochter ist Architektin und sie hat in Köln viel mit dem Denkmalschutz zu tun, und es gibt da auch schöne positive Beispiele. und es geht wenn man will und die richtigen Handwerker und Firmen kennt … Grüße von Frauke

  • Claudia

    Guten MOrgen liebe Sigrun,
    wunderschöne marode Schönheiten zeigst Du da!
    Es ist schade, daß diese alten Fassaden nicht gerettet wurden! Sie haben soviel Charm und könnten soviel erzählen …. die Bemalung der Uni-Bibliothek ist herrlich, gefällt mir sehr. Schade, daß dieses Gebäude auch marode ist, nicht gut für Bücher .,…
    Ich wünsche Dir einen schönen Tag und einen guten Start in ein wunderschönes Wochenende!
    ♥ Allerliebste Grüße, Claudia ♥

  • Melody

    Wundervolle Fotos! Ich liebe solche alten Fassaden und freue mich über jede die gerettet werden kann; schade dass es in der Korngasse nicht geklappt hat… denn die gefällt mir ausgesprochen gut!

    Ich wünsche dir auch gute Besserung und ein schönes Wochenende,
    liebe Grüße, Melody

  • gretel

    Das war ein sehr interessanter Exkurs.
    Es ist schade um jede alte Fassade, die nicht gerettet werden kann. Ich habe nichts dagegen, alt und neu zu kombinieren. Aber das eine Beispiel mit der winzigen Fassadeneinbindung erscheint mir doch zu wenig.
    Zur Überbrückung finde ich solche bunt angemalten Häuser sehr nett, besser als das olle graubraun. Aber das man die Bücher nicht vorher in in Sicherheit gebracht hat, ist doch wie bei den Schildbürgern.
    Liebe Grüße

  • Margeraniums Gartenblog

    Leider verschwinden immer mehr alte Häuser! Bei uns ist es so, dass die Häuser so lange sich selbst überlassen werden, bis sie nicht mehr zu retten sind. Dann werden sie abgerissen und durch "Betongotik" ersetzt! Das finde ich sehr schade! Die Idee mit der bunten Gestaltung der Bibliothek finde ich super! Allerdings ist es schon ein Witz, dort wertvolle Bücher zu lagern! Lieber restauriert man sie nachher wieder aufwendig…
    Viele Grüße von
    Margit

  • Fundstücke mit Stil

    Liebe Sigrun,
    das ist immer sehr schade, wenn so alte Bauwerke oder alte Fassaden angerissen werden.
    Diese war wohl nicht mehr zuretten. Das hätte schon vor 30 Jahren renoviert werden müssen.
    Es wurde zu lange gewartet. Bis es halt ganz kaputt ist.
    Das kenne ich auch von unserer Gegend, den die Auflagen vom Denkmalschutz sind so
    hoch und dann wird es richtig teuer. Das einige ich altes Bauernhaus (z. Beispiel ) verfallen
    lassen. Und dann darf abgerissen werden. Leider ist es so.
    Ich könnte jetzt einige Beispiele aufzählen aber das wäre jetzt zuviel.
    Danke für die Einblicke.
    Dir ein schönes Wochenende Gruß Ursula

  • MissLu

    Ein ganz toller Beitrag und welch ein Glück, dass du diese alte Fassade noch fotografiert hast. So wären wir nicht in den Genuss gekommen sie noch einmal zu bewundern.

    Liebe Grüße 🙂

  • SchneiderHein

    Liebe Sigrun,
    ein sehr interessanter Couch-Beitrag, den ich mir dank Laptop jetzt ganz gemütlich im Bett mit Wärmflasche angucken kann 😉 Und wenn Du so interessant über Freiberg damals & heute weiterpostest, dann erinnert mich das an die private Stadtführung der Freundin meines Vaters, die wir vor über 10 Jahren in Dresden erleben durften …
    Gute Besserung und liebe Grüße
    Silke

  • ZamJu

    Eine sehr schöne Fotoserie und ein überaus interessanter Bericht von Dir. Ich persönlich finde es sehr schade, dass es die alte Fassade nicht geschafft hat.
    LG ZamJu

  • Jutta

    Liebe Sigrun,

    ganz herzlichen Dank für diesen Spaziergang durch das "marode" Freiberg. Eine tolle Fotoserie hast Du gemacht und Deine Erläuterung sind sehr interessant. Da freue ich mich doch schon jetzt auf das nächste Mal.

    Liebe Grüße und gute Besserung

    Jutta

  • Meriseimorion Mosaike

    Liebe Sigrun,
    Danke für deinen schönen maroden Stadtrundgang.
    Ach diese alten Bauten aus vergangenen Tagen haben so einen wunderschönen Charme, man meint jeder Stein könnte Geschichten erzählen. Aber problematisch sind sie natürlich auch, bezahlen möchte ich so eine Renovierung auch nicht unbedingt….Trotzdem es sind wunderschöne Bilder!!!
    Tut mir Leid, dass es dicht erwischt hat, ich wünsche dir gute Besserung und dass es dir ganz schnell wieder gut geht!!!
    Ein kuschelig warmes Wochenende wünsche ich dir!!
    Lieben Gruß
    Kerstin

  • stadtgarten

    Liebe Sigrun, zuerst einmal wünsche ich Dir gute Besserung und hoffe, dass Du bald wieder fit bist!
    Dein Bericht über die Freiberger Fassaden war für mich wieder sehr interessant, wie ich ja schon öfters erzählt habe, hat mich die Stadt und ihre Fassaden bei unserem Aufenthalt damals sehr beeindruckt! Und damals war noch gaaanz viel verfallen – wie ich hier auf Deinem Blog gesehen habe, hat sich da ja ganz viel getan! Aber wie schade, eine so schöne und auch kulturgeschichtlich wichtige Fassade letztendlich dann doch abzureissen!
    Ich glaube, mein GG und ich müssen wirklich bald wieder einmal in Eure schöne Gegend reisen …
    Liebe Grüße und ein schönes Wochenende, Monika

  • Sara Mary © Mein Waldgarten (© Herz und Leben)

    Da würde ich ja auch so gern mitmachen, liebe Sigrun. Denn in unserer Stadt gibt's durchaus auch noch solche schönen Gebäude. Ich finde es immer ganz schade, wenn es Zeitgenossen gibt, denen diese ein Dorn im Auge sind. Muß mal nach einem Artikel suchen, wo das zum Ausdruck kam "Schandfleck" wurde eine solche Fassade gar genannt. Dafür steht da jetzt ein Hochhausklotz, der noch nicht ganz fertig ist. So traurig! Eine Stadt hat doch gleich viel mehr Charme, wenn es noch diese alten Zeitzeugen gibt.
    Ich komme einfacht nicht in die Stadt nur zum Fotografieren. Wenn ich mal Zeit hätte, ist es bereits dunkel. 😉
    Aber ich werde mal suchen und vielleicht ja sogar morgen, mal schauen … wenn nichts anderes dazwischenkommt. Man wird sicherlich auch noch etwas später teilnehmen können…
    Hey, die Fassade schaut ja originell aus mit den Graffitis. Ich finde so etwas originell. – Mir gings bei unserem letzten Dorf so, daß ich erkundet habe, da kenne ich mich mittlerweile wohl auch so gut aus, daß ich den Job des Heimatpflegers quasi übernehmen könnte. 😉 🙂
    Nun wünsche ich Dir erstmal ein schönes Wochenende.

    Liebe Grüße
    Sara

  • Heike

    Bei der ersten Fassade ist es echt schade , das die abgerissen wurde . Aber leider ist es oft so . Ich habe bis vor drei Jahren in einem kleinen Dorf gewohnt , da wurden auch viele alte Häuser abgerissen . 🙂
    Liebe Grüsse Heike

  • Banshee Adrian

    Auch von mir erstmal gute Besserung und kurier Dich richtig aus, meine Gute 🙂

    Das mit der Fassade ist mehr als Schade, den die sah wirklich schön aus. Es ist immer traurig, wenn soetwas weichen muss, nur damit irgendwelcher moderner Mumpitz gebaut werden kann/muss.
    Auch die Bemalung der Bibliothek ist ja so gar nicht meines, viel zu bunt und zu, naja, eben nicht meins^^
    Aber die Fotos sind sehr schön geworden, wie immer, liebe Sigrun.

    Liebe Grüße
    Anna