Rezension – Selbstversorgung im Winter
365 Tage Unabhängigkeit: ernten, sammeln, selber machen
Selbstversorgung ist seit der Corona-Zeit einmal mehr ein Thema geworden. Lebten doch etliche Menschen im Glauben, die Supermärkte könnten im Lockdown schließen oder man könne nichts mehr zum Essen einkaufen. Das führte hin und wieder zu seltsamen Panikattacken, die Toilettenpapier, Backpulver, Hefe, Mehl, Sonnenblumenöl und vieles mehr plötzlich aus den Regalen verschwinden ließen. Hamsterkäufe mussten durch Lebensmittel-Limitierungen begrenzt werden. Es war eine Zeit, in der sich viele einen Garten zulegten, die früher ihr Gemüse ausschließlich im Supermarkt eingekauft haben und in der andere sich plötzlich auf das Backen von eigenem Brot spezialisierten.
Til Genrich erwähnt in seinem 2024 im Löwenzahn Verlag erschienen Buch „365 Tage Unabhängigkeit“, dass es so unabhängig natürlich nicht zugehen kann. Sonst müsste man auch noch Getreide anbauen, dreschen und mahlen, Kühe für die Milch halten, denn sonst gäbe es keinen Joghurt. Das Buch gibt, zusätzlich zur Verwertung der eigenen Ernte und dem Sammeln von Pflanzen und Beeren aus der Natur, eine Anleitung, gekaufte Lebensmittel zu veredeln, so dass man am Ende selber weiß, was in seinem Essen steckt.
Für wen eignet sich dieses Buch?
Oft haben die Großeltern keine Chance mehr gehabt, ihren Enkelkindern diese Art der grundlegenden Lebensführung zu vermitteln – schließlich konnte man jahrzehntelang alles im Supermarkt kaufen. Meine Oma hat mir noch sehr viel mitgegeben, was Vorratshaltung im Winter bedeutet. Sie hatte immer den Keller voll eingewecktes Obst- und Gemüse und keine kostenintensive Gefriertruhe, die viele heute als Selbstversorger verwenden. Es gab immer Erdbeerkompott, wenn die Enkel zu Besuch waren. Ein Blick in ihren Keller war faszinierend. Der Sommer im Glas. Auch mein Vater hat es beibehalten, das Obst im Garten komplett zu verwerten, sei es als Kompott oder Saft. Obst mussten wir nie kaufen obwohl wir nicht einmal auf dem Land gewohnt haben. All dieses Wissen ist also nicht ganz neu, nur hier und da verloren gegangen. Zusätzlich gibt es vielfseitige Anregungen, wie man zu frischen Vitaminen im Winter kommt.
Was du in diesem Buch findest:
Das Gärtnern mit Gemüse und Obst im Garten kann durch das Sammeln von Wildkräutern und Wurzeln oder Früchten, Knospen von Bäumen und Sträuchern ergänzt werden. Während das Thema Wildkräuter im Winter schon sehr umfassende Kenntnisse erfordert, sind Beeren wie Schlehen, Hagebutten oder Sanddorn sicher mit etwas Kenntnis gut zu erkennen.
Ein Klassiker ist sicher, frisch geerntetes Obst, Gemüse oder die Nüsse optimal einzulagern, damit sich alles lange frisch hält. Nebenbei erfährst du noch, wie lange sich die jeweiligen Apfelsorten lagern lassen, denn da gibt es ja gravierende Unterschiede.
Der Autor gibt ausführliche Tipps zum Einkochen, Marmelade kochen oder Fermentieren von Gemüse, aber auch zum Dörren von Obst und Trocknen von Kräutern, Mischen von Kräutersalzen und Einlegen in Öl.
Wie kannst du im Winter im Haus gärtnern?
Das Kapitel, im Winter Vitamine aus dem Sprossenglas zu ziehen, ist sehr ausführlich beschrieben. Der Vorteil ist, dass das Fensterbank-Gärtnern überall möglich ist: in der Stadt genauso wie auf dem Land. Der Autor erklärt, welches Equipment du zum Sprossen ziehen benötigst und welche Samen sich überhaupt zum Keimen eignen. Eine große Tabelle zeigt die geeigneten Samen mit Keimdauer in Tagen, die Eignung für Sprossen oder für Microgreens. Ergänzend wird das Antreiben von Chicorée oder Löwenzahlwurzeln erklärt, die man gut in einem dunklen, warmen Keller antreiben kann.
Mein Fazit zum Buch: Der Autor zeigt für Einsteiger in die Selbstversorgung, dass man im Winter vieles selber machen kann und damit seltener der Gang zum Supermarkt erforderlich wird. Es ist jedoch kein reiner Ratgeber zum Gärtnern mit Gemüse im Winter. Eine kleine Auswahl an Gemüsesorten, die sich im Herbst, Winter ernten lassen, wird vorgestellt. Der Schwerpunkt liegt jedoch auf der Verwertung, Haltbarmachung und Lagerung der Ernte für den Winter sowie die Veredelung durch Fermentation mit Sauerteig, Yoghurt oder eingelegtem Gemüse, Sprossen ziehen und Pilzanbau..
Eine Anmerkung für zukünftige Auflagen: Als „Gemüsespezialistin“ vermute ich, dass auf Seite 38 oben nicht die Steckrübe, sondern Mairübchen abgebildet sind…(Fotoquelle Pixabay)
Kleine Ergänzung von mir an dieser Stelle: Sammele in der freien Natur nur, was du kennst, besuche vielleicht eine Kräuterführung und sammele nur wenig, damit die Tiere (Vögel und Co.) auch noch im Winter Nahrung finden. Auf eine App oder ähnliche digitale Medien sollte man sich bei der Bestimmung besser nicht verlassen, wenn man das jeweilige Kraut oder die Knospe essen möchte
Wer sein eigenes Brot mit Sauerteig selber backen möchte, sollte sich ergänzend ein separates Buch zulegen. Anhand der erwähnten Anleitung würde ich als Anfänger nicht zurecht kommen. Ein selber angesetzter Sauerteig ist nach 3 Tagen noch nicht bereit zum Backen, da fehlt die Triebkraft. Auch die Anleitung zum Vollkorn-Sauerteigbrot ist eventuell für Fortgeschrittene.
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Til Genrich
Selbstversorgung im Winter
365 Tage Unabhängigkeit: ernten, sammeln, selber machen
ISBN 978-3-7066-2992-8
200 Seiten, gebunden
Erscheinungstermin: 29.07.2024
34,90 €
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