Ein Garten als Lebensraum für Insekten – Merianin 2018+
Über die Merianin
Wer sich für Schmetterlinge, Gärtnern und Blumenmalerei interessiert, wird mit großer Sicherheit schon von Sybilla Maria Merian (1647-1717) oder einfach nur der Merianin, gehört haben. Sie kam im Jahre 1668 von Frankfurt nach Nürnberg, um dort mit ihrem Mann, dem Architekturmaler und Kupferstecher Johann Andreas Graff , in das von seinen Eltern geerbte Fachwerkhaus ‚Zur goldenen Sonne‘ zu ziehen (heute Bergstraße 10). 2018 lag diese Ereignis 350 Jahre zurück und Nürnberg nahm das als Anlass, um an die auch heute noch unter ihrem Mädchennamen berühmte Malerin und Naturforscherin zu erinnern. Sie gilt als Begründerin der modernen Insektenforschung.
Die Merianin wohnte von 1668 bis 1682 nicht weit von der Kaiserburg in Nürnberg, wo sie sich in dem kleinen Garten am Heidenturm neben der Kaiserkapelle ihren Studien der Insekten widmen konnte. Heute ist das kaum noch vorstellbar. Diese Vielfalt an Insekten, die es im 17. Jahrhundert gegeben haben muss, kann so eine kleine Fläche heute nicht mehr bieten. Maria Sybilla Merian reichte der Garten aus, um Insekten und ihre pflanzliche Umwelt in hoher Präzision und Schönheit zu zeichnen, zu malen und in Kupfer zu stechen. Es entstanden zwei Raupenbücher mit ihren in den folgenden Jahrhunderten mehrfach reproduzierten Darstellungen der Metamorphose vom Ei über Raupen, Puppen hin zum Schmetterling.
Der Merian-Garten in Nürnberg
Der Merian-Garten auf der Kaiserburg Nürnberg wurde in den letzten Jahrhunderten privat genutzt und entstand 2013 komplett neu. Er öffnet leider nur an zwei Nachmittagen, Sonntags und Montags, seine Pforten. Ich hatte schon oft vor verschlossener Tür gestanden und hatte nun diese Woche endlich mal Zeit für einen Abstecher. Pünktlich um 14 Uhr öffnete eine Frau das große schwere Holztor und setzte sich als Aufsicht an den Rand. Der Garten ist nur im vorderen Bereich zu besichtigen und darauf wird streng geachtet.
© Bayerische Schlösserverwaltung, www.schloesser.bayern.de, Foto: Sigrun Hannemann
Man hat von dort einen weiten Blick über die Altstadt, den man aber auch an anderen Stellen genießen kann. Wer mit Garten nichts am Hut hat, wird recht schnell wieder das Tor verlassen. Ich hab mich mit Absicht auf allen Plätzen nieder gelassen, die möglich waren, um die Umgebung auf mich wirken zu lassen. Vielleicht ein bisschen von dem zu empfinden, was Sybilla einst an diesem Ort begeistert hat.
Foto: Sigrun Hannemann, Ausblick unter dem Birnbaum mit Blick über Nürnberg
Es gibt eine Bank vor dem weinumrankten Fachwerkhaus, die mir gefallen hat. Aber auch unter dem reichlich mit Birnen behangenen Birnbaum sitzt man gut im Schatten und kann sich von anstrengenden Stadtbesichtigungen erholen. Der zweite schattenspendendende Baum war ein Kirschbaum. Das kleine Fachwerkhaus, eins der ältesten Zeugnisse der ehemals reichen Nürnberger Gartenkultur, hat schon im 17. Jhdt. dort gestanden und hat den II. Weltkrieg nahezu unbeschadet überstanden.
Foto: Sigrun Hannemann,
Altes Fachwerkhaus im Merian-Garten
Alle Pflanzen im Garten sind anhand der Zeichnungen in ihren Büchern ausgewählt worden. Das muss natürlich nicht alles dort auch früher so gewachsen sein. Ergänzt wurden hier sogar Pflanzen ihrer Südamerika-Reise. Auf Anhieb fällt eine Bananenstaude ins Auge.
Foto: Sigrun Hannemann/ Wasserbecken und Bananenstaude vor dem Haus
Die Beete sind in bestimmte Themenbereiche eingeteilt: Duftpflanzen, Schmuckpflanzen, trockenheitsverträgliche Pflanzen und Kräuter (gab es auch schon im 17.Jhdt……), Pflanzen aus Surinam, heimische Pflanzen, wehrhafte Pflanzen und Wechselflor. Und wie es heute so Mode ist, darf ein Insektenhotel in Form einer mit Löchern versehenen Holzwand an der alten Mauer nicht fehlen…;-)
Foto: Sigrun Hannemann/ Dill-Beet, Wasserbecken, Sitzecke hinten links
Ich hätte gerne mal aus der Nähe geschaut, was im Garten alles im Detail angepflanzt worden ist und mir Wege im Garten gewünscht. Einen Garten erlebe ich nur richtig, wenn ich durchlaufen kann. So hätte man Schmetterlingspflanzen sogar beschildern können. Ähnlich, wie das in einem Botanischen Garten möglich ist. Prima, dass eine große Ansammlung von Dill zu finden war. Allerdings lieben Schmetterlinge auch offenen Boden und es sollte nicht alles flächig bewachsen sein. Die Rasenfläche, die hier einen Gartencharakter geben soll, wäre meiner Meinung nach in dieser Größe nicht erforderlich gewesen. Dort hätte man auch Wege anlegen können.
Foto: Sigrun Hannemann/ Ganz links im Bild der Dill, alles nur aus der Ferne zu besichtigen
Trotz allem ein sehenswertes Stück Natur mitten in der Stadt Nürnberg. Eine kleine grüne Oase, wenn man gerade die Öffnungszeiten erwischt hat.
Foto: Sigrun Hannemann/ Überall gemütliche Sitzecken im abgesperrten Bereich
Foto: Sigrun Hannemann, Gartenplan Merian-Garten
MERIANIN 2018 +
Unter dem Namen ‚Merianin 2018+‘ verbirgt sich eine Initiative, die nachhaltig für mehr Vielfalt auf Grünflächen im öffentlichen Raum, in privaten Gärten, auf bisher vernachlässigten Rasenflächen und sogar auf den Balkonen, sorgen soll. Das Plus steht also für Nachhaltigkeit und dem Schaffen von mehr Blumenwiesen, bunten Beeten und Balkonkästen für Bienen und Schmetterlinge auch nach dem Jahr 2018.
© Flyer in Kooperation mit Bund Naturschutz, Referat für Umwelt und Gesundheit und Servicebetrieb Öffentlicher Raum
Merianin 2018+ entstand auf Anregung von Margot und Dieter Lölhöffel in Kooperation mit dem Bund Naturschutz, Referat für Umwelt und Gesundheit und dem Servicebetrieb Öffentlicher Raum der Stadt Nürnberg./ der Flyer informiert kostenlos über diese Initiative und gibt zusätzlich Tipps, wie man mit den richtigen Pflanzen Lebensräume für Insekten schaffen kann .
Hier kann man den kompletten Flyer als pdf downloaden bzw. lesen
Download Merianin 2018+ als pdf
Ein weiteres Merianin-Beet mit Heilkräutergarten befindet sich auf dem Hallerntor-Zwinger.
Seit 2015 entsteht ein Insektenreich auf einem Hügel im Volkspark Marienberg, das vom Nürnberger Bündnis für Biodiversität gestaltet wird.
Weiterführende Links und Quellen zum Text
Kaiserburg Nürnberg, Merian-Garten
Schmetterlings- und Insektenbeet zum Jubiläumsjahr 2017
Insektenreich im Marienberg-Park
In meinem Bücherschrank steht folgendes Buch* (Amazon-Partnerlink) vom Inselverlag/ Suhrkamp-Verlag:
Die Kunst der Blumenmalerei in höchster Vollendung
Das Neue Blumenbuch mit seinen 36 Farbtafeln ist das berühmteste Blumenbuch aller Zeiten. Nie hat eine Blumenmalerin eine so weitgehende und anhaltende Beliebtheit und Bewunderung erlangt wie Maria Sibylla Merian. Der Künstlerin kam es nicht auf Raffinesse und artistisch blendende Maltechnik an; sie wandte sich vielmehr in liebevoller Hingabe der Aquarell- und Gouachetechnik zu, in der sie zu unübertrefflicher Meisterschaft gelangte und damit zum Vorbild für alle späteren Illustratoren botanischer Werke wurde. Den Abbildungen in diesem Band liegt eines der seltenen von der Malerin selbst kolorierten Buchexemplare zugrunde.
Suhrkamp.Verlag
BILDLINK*/ Insel-Bücherei 2004, Gebunden, 155 Seiten
ISBN: 978-3-458-20004-8
11 Comments
ninakol.
Oh wie wunderbar!
Aber wenn Haus und Garten in Privatbesitz sind, kann ich verstehen, warum nur zwei Tage geöffnet ist und vieles abgesperrt wird. Nicht jeder benimmt sich… Aber auch so vermittelst Du einen schönen Besuch.
Liebe Grüße
Nina
Sara - Mein Waldgarten
Liebe Sigrun,
danke für die schönen Bilder und Beschreibung!
Sybilla Merian und ihr Metamorphosis insectorum Surinamensium kenne ich schon sehr lange. Davon hatte ich 2012 mal was in meinem anderen Blog geschrieben, wenn auch in anderen Zusammenhängen …
https://herz-und-leben.blogspot.com/2012/03/sibylla-merian-butterflies.html
Allerdings hatte ich bislang nie die Gelegenheit, obwohl ich schon in Nürnberg war, den Merian-Garten zu besuchen.
Ich denke, sie wird nicht nur ihren Garten für ihre Studien genutzt haben, denn sie reiste ja auch sehr weit. Zum Zeichnen war ihr Garten sicher ein wunderbares Refugium, und ganz sicher hat es damals wesentlich mehr Insekten als heute gegeben.
Schade schon, wenn man nicht alles vom Garten sehen kann, aber ich verstehe auch die Beweggründe, denn viele Leute trampeln gerne manches nieder. Ich würde meinen Garten auch ungern von allen möglichen Leuten besichtigen lassen. Offene Pforte kann schön sein, wenn die „richtigen“ Leute sie besuchen, leider ist das nicht immer der Fall. Die schönsten Gärten, die ich kenne, verweigern die Offene Pforte aus diesem Grunde. Oder haben ein einziges Mal mit schlechten Erfahrungen teilgenommen.
Liebe Grüße
Sara
Claudia
Lieb Sigrun,
was für ein wunderbarer GArten !Herzlichen Dank für die tollen Bilder und Einbicke, auch in das Buch!
Ich wünsche Dir einen schönen Tag und einen guten Start in ein wundervolles Wochenende!
♥ Allerliebste Grüße, Claudia ♥
Krümel
Liebe Sigrun,
ich muss leider gestehen- die Dame sagt mir gar nichts. Aber ist es nicht schön, dass es sowohl damals wie auch heute Menschen gab, denen „das Kriechzeug“ wichtig war und am Herzen lag? Die Initiative finde ich interessant. Da wird ich mich mal mit befassen.
Liebe Grüße und ein schönes Wochenende,
Krümel
Topfgartenwelt
Liebe Sigrun, ich muss mich Krümel anschließen, ich kenne die Dame nicht. Aber ein Wahnsinn, was sie geleistet hat. Allerdings kann auch ich den beschränkten Zugang verstehen. Viele können sich nicht benehmen und das trifft dann eben auch alle anderen. Leider!
Mein Blog ist nun endgültig auf https://www.topfgartenwelt.com umgezogen 🙂
LG Kathrin
moni
Danke, liebe Sigrun.
fürs Mitnehmen durch diese feine Anlage. Von der Dame hatte ich bisher auch noch nichts gehört, ich kenne den Namen nur von den „Merian-Reisezeitschriften“.
Es gibt schon viel zu sehen in einem mit so viel Bedacht angelegten Garten.
Angenehmen Samstag und lieben Gruß
moni
Bianca
Hach, ist das schön dort… Das macht sehr neugierig, ich werde gleich mal schmökern gehen- danke für’s Zeigen und Teilen! Alles Liebe und einen schönen Sonntag, Bianca
Margit
Ein Idyll mitten in der Stadt. Schön, dass sich Haus und Garten erhalten haben. Ist ja auch nicht selbstverständlich!
Viele Grüße von
Margit
Elke Schwarzer
Hallo Sigrun,
was für eine tolle Aussicht! Dann weiß ich ja, was ich mir anschauen kann, wenn ich noch mal in Nürnberg bin.
VG
Elke
Karen Heyer
Liebe Sigrun,
trotz entsprechend gelagertem Interesse habe ich, wie Krümel und Kathrin, noch nichts von der Merianin gehört. Und ich überlege gerade, ob ich vor vielen Jahren mal dort oben war, es könnte sein. Da war mein Interesse noch ganz anderer Natur und ich hätte vor allem die schöne Aussicht genossen.
Liebe Grüße
Karen
Kirsi
Liebe Sigrun,
auch mir sagte die Dame gar nichts (aber ich bin ja nicht ganz alleine damit). Umso mehr habe ich Deinen interessanten und informativen Beitrag sehr gerne gelesen und die Bilder wieder einmal bewundert,
liebe Grüße und hab ein schönes Wochenende
Kirsi