Allgemein,  Rezension

Gärtnern im Klimawandel – Norbert Griebl

Die letzten Sommer sind aus gärtnerischer Sicht eine echte Herausforderung gewesen und Extremsommer kommen in immer dichteren Abständen auf uns zu. Auch 2022 war wieder so ein Sommer, der den Garten in den Ausnahmezustand schickte.

Kein Wunder also, dass wir etliche unserer Lieblingspflanzen an den Klimawandel verlieren, wenn wir keine Lust haben, selber den fehlenden Regen durch tägliches Kannen schleppen zu ersetzen. Das würde zwar viele Punkte auf dem Fitness-Konto bringen, aber nachhaltig ist das nicht. Denn sogar große Zisternen geben in solchen Sommern schnell den letzten Tropfen her. Dann muss Wasser aus der Trinkwasserleitung herhalten.

Eine andere Möglichkeit wäre, gar nicht erst auf allzuviel Regen zu hoffen, sondern den Garten mit klimawandeltauglichen Pflanzen zu bestücken. Schon längst ist bekannt, dass es trockenheitsverträgliche Stauden gibt, die sogar auf Sand wachsen. Till Hofmann ist einer der Staudengärtner in Deutschland, der sehr erfolgreich wunderschön blühende Kiesbeete kreiert. Die seit 1999 von der Veitshöchheimer LWG erfolgreich getestete Staudenmischung „Silbersommer“ erfreut sich inzwischen großer Beliebtheit bei modernen Pflanzungen im öffentlichen Grün. So auch in unserer Gemeinde, die 2019 einen neuen Rathausplatz mit dieser Bepflanzung erhielt.

Kaum waren sämtliche Bauhofmitarbeiter im Sommer 2022 durch Corona lahm gelegt, schlappten auch diese Pflanzen aus der Rubrik ‚Silbersommer‘. Wie kann das sein? Zum einen sind die Pflanzen durch tägliches Gießen mehr als verwöhnt worden und haben kein tiefes Wurzelwerk ausbilden können. Pflanzen können ja tatsächlich erzogen werden. Der Wurzelraum ist durch Bauarbeiten verdichtet und Schatten ist auf diesem Platz leider gar nicht vorhanden und so wird auch die robusteste Pflanze bei fast 40 Grad zur Trockenblume.

Wer also diese Dinge, die schief gehen können, ein bisschen mit berücksichtigt und robuste, trockenheitsverträgliche Stauden in den Garten pflanzt, kommt mit Sicherheit gut über die heißen Sommer. Norbert Griebl hat in seinem Buch „Gärtnern im Klimawandel“ /* – 100 robuste Pflanzen für den langlebigen Garten ausgesucht. Er hat bei seiner Auswahl den Blick bewusst auch auf Wildstauden der angrenzenden europäisch-südlichen Länder gerichtet. Viele der Pflanzen sind uns vielleicht schon im Urlaub am Mittelmeer begegnet, wie die Italienische Ochsenzunge (Anchuza azurea). Einige der Pflanzen kommen in trockenen felsigen Regionen vor, wie der mediterran-europäische Weiße Mauerpfeffer (Sedum album) – einzige Raupenfutterpflanze für den Apollo-Falter.

Italienische Ochsenzunge
© Haupt-Verlag, Norbert Griebl, Gärtnern im Klimawandel S. 14

In den Pflanzenporträts werden die Pflanzen in einem Steckbrief kurz vorgestellt und natürlich das ursprüngliche Verbreitungsgebiet mit angegeben. Für die Pflanzung im Garten helfen die Angaben zum Wasserbedarf, Bodenansprüche, Wuchsform, Vermehrungsmöglichkeiten und geeignete Partner.

Soweit ich das einschätzen kann, sind sämtliche Newcomer aus dem europäischen Ausland auch für den insektenfreundlchen Garten geeignet. In erster Linie werden sie bei uns vermutlich durch Pollen-Generalisten besucht werden, wie die Hummeln oder Honigbienen, denn unsere heimischen Spezialisten brauchen auch die heimischen Wildstauden für den Nachwuchs.

Nun ist es aber schon längst so, dass auch die Fauna aus dem Süden zu uns kommt, wie die Blauschwarze Holzbiene oder das Taubenschwänzchen. Wenn wir uns über diese Tiere freuen, müssen wir berücksichtigen, dass sie auch andere Pflanzen besuchen. Pflanzen aus ihrer Heimat. Der Autor hat am Ende jeden Pflanzenporträts den Nutzen für Wildtiere mit angegeben. So ist das Große Windröschen eine wertvolle Pollenpflanze und eine Futterpflanze unter anderem für die Raupen des Auenparkland-Waldreben-Wellenspanners. (Horisme corticata), der in Mittel- und Osteuropa beheimatet ist. Was für ein Name…von dem habe ich bisher noch gar nichts gehört.

© Haupt-Verlag, Norbert Griebl, Gärtnern im Klimawandel S. 152

Wir finden auch Pflanzen, wie die Echte Eselsdistel, die in Mitteleuropa heimisch sind und schon länger als robuste Arten in der Natur auffallen (Onopordum acanthium). Sie wächst gerade in meinem Garten. Absolut winterharte Staude, leider zweijährig. Robuste einjährige wie Ringelblume, Jungfer im Grünen, Wilde Malve oder Wegerich-Natternkopf ergänzen das Buch wunderbar und schaffen vor allem in einem neuen Garten schon im ersten Jahr üppige Blütenpracht.

Ein paar ausgewählte – darunter auch heimische – Bäume, Sträucher und Obstsorten machen die Auswahl für den klimafesten Garten perfekt. Und weil Mangold so hübsche bunte Stiele zu bieten hat und Artischocken fantastische Blüten haben, eignen sie sich auch wunderbar inmitten eines Blumenbeetes.

© Haupt-Verlag, Norbert Griebl, Gärtnern im Klimawandel S. 72

Fazit: Norbert Griebl empfiehlt eine breit gefächerte Auswahl an Pflanzen, die bisher vielleicht nur im Kübel angepflanzt worden sind, aber längst die milden Winter bei uns im Garten verbringen können. Mit ein wenig Schutz überstehen sie auch kältere Winter gut. Er geht aber auch auf robuste heimische Pflanzen ein, denen das Klima keine Probleme bereitet. Entscheidend ist, dass alle zu einer nachhaltigeren, pflegeleichteren und langlebigeren Bepflanzung verhelfen und viel weniger Arbeitsaufwand in heißen Sommern bereiten.

Norbert Griebl
Norbert Griebl, Gärtnermeister und Kräuterpädagoge, Jahrgang 1969, beschäftigt sich seit Kindesbeinen intensiv mit Wildpflanzen. Sein Spezialgebiet sind heimische Orchideen und andere Wildstauden. Botanische Exkursionen führten ihn bereits in alle Kontinente. Er lebt in Stainz, Österreich.

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Griebl, Norbert

Gärtnern im Klimawandel 

100 robuste Pflanzen für den langlebigen Garten

  • So können wir unsere Gärten an den Klimawandel anpassen, sie grüner und artenreicher machen.
  • Dieser Gartenratgeber zeigt den Weg zu einem attraktiven, vielfältigen und zukunftsfähigen Garten.
  • 100 Artenporträts besonders robuster Pflanzen.

ISBN: 978-3-258-08276-9 

28,00 €

8 Comments

  • Susanna

    Hallo Sigrun,
    das klingt sehr interessant, denn unsere Gärten werden sich ganz sicher wandeln müssen. Wird in dem Buch auch auf die Problematik der Winternässe eingegangen? Dann wäre es etwas für mich, denn es war bei uns nicht nur im Sommer trocken, sondern wir hatten im Winter auch hohe Mengen an Niederschlag. Mir ist trotz recht durchlässigem eher sandigem Boden in diesem Winter die Walzenwolfsmilch eingegangen und Zwiebeln in Töpfen, die sonst den Winter gut überstanden haben, sind weggefault. Nun habe ich verletzungsbedingt zwei Jahre nicht gemulcht oder den Boden anders gelockert, vielleicht ist er verdichtet und deshalb zu nass? Ich werde dieses Jahr versuchen, in einem Beet noch mehr Sand einzuarbeiten und trockenheitsverträgliche Stauden pflanzen.
    Liebe Grüße
    Susanna

    • Sigrun

      Liebe Susanna,
      Standort und Bodenansprüche werden im Buch bei jeder Pflanze beschrieben. Die Walzen-Wolfsmilch ist aus meiner Sicht eine Top-Klimawandelpflanze (nicht im Buch). Es gibt ja Pflanzen, gerade aus dem sukkulenten Bereich, die absolut keine Staunässe vertragen. Bei mir sitzt sie super trocken etwas höher und liegt nicht auf der nassen Erde auf. In der Staudengärtnerei wächst sie auf Schotter/ Kies und auf Mauerkronen (Trockenmauer). Das funktioniert super. Wenn du sowas nicht hast, geht auch ein Kübel mit Dachgartensubstrat – im Winter geschützt (trockener) stellen. Die braucht echt kaum Wasser.
      LG Sigrun

  • Rosi

    das klingt nach einem interessanten Buch
    ja.. wir werden uns wohl umstellen müssen der nächste heiße Sommer kommt bestimmt
    auch wenn das Frühjahr bis jetzt kühl und nass war
    liebe Grüße und frohe Ostern
    Rosi

  • Elke Schwarzer

    Hallo Sigrun,
    ich habe diesen Winter sowohl eine Eselsdistel als auch eine Mariendistel wegen Frost verloren, die waren getopft, als ich sie ins Beet gepflanzt habe. So hatten sie keine Pfahlwurzel.
    Auch der Salbei ist fast komplett hinüber.
    Taubenschwänzchen gibt es schon ewig bei uns, neu ist, dass sie überwintern.
    Viele Grüße
    Elke

    • Sigrun

      Ich bin etwas traurig über meinen Hänge bzw. Kriech-Rosmarin. Den hatte ich letztes Jahr in Südtirol bewundert und hier in einer Gärtnerei gekauft. Offenbar eine grenzwertige Winterhärte.
      LG Sigrun

  • Herbert Kaiser

    Vielen Dank für den Buchtipp!

    Seit ca 3 Jahren bin ich dabei, schrittweise meinen Garten an die veränderten Klimabedingungen anzupassen. Nicht immer ganz einfach, aber notwendig. Inzwischen kommen aber auch die ersten Erfolgserlebnisse.

    Viele Grüße
    Herbert

    • Sigrun

      Lieber Herbert,
      danke für deinen Besuch hier. Einfach ist das nicht. Es gibt auch immer wieder Rückschläge, wie in so einem kalten Dezember 2022.
      LG Sigrun

  • Susanna

    Die Walzen-Wolfsmilch hat die letzten Jahre auf der Mauerkrone im sandigen Boden gut überstanden. Deshalb dachte ich auch, sie sei eine super Klimawandelpflanze … Dieser Winter war extrem nass und das wird es vermutlich öfter geben. Trotzdem finde ich das Buch interessant.
    Liebe Grüße
    Susanna